Die Nacht war kurz, auch wenn ich rechtzeitig in der Dackelgarage
lag. Morgens um vier wacht das Camp auf - es ist Raceday. Jeder ist mit sich
selbst beschäftigt, in seinen Gedanken schon lange beim Schwimmstart, in der
Wechselzone oder bei seinen Freunden und Partnern die unterstütz werden wollen.
Nach einer Tasse Kaffee und einem Hefeteilchen ist es auch für mich soweit
aufzubrechen. Dieses Jahr bin ich nicht als Mafiataxi unterwegs, ich habe das
Glück mich bei Anja und Dirk in das Auto einzumieten. Neben mir ist mein
Staffelpartner Gabor, für ihn das erste Jahr in Roth.
Es geht über die mit Menschenmengen besetzte Brücke in Richtung
Wechselgarten zum Schwimmstart und da war sie plötzlich die Anspannung,
Aufregung und die Gänsehaut. Ich stehe zum dritten Mal als aktiver Teilnehmer
am Start und ich habe noch immer einer Rechnung mit dem Kanal offen. 2014 bei
meinem Einzelstart und 2016 als Staffelschwimmer hatte ich das Rennen, für
meine persönlichen Erwartungen vergeigt, diesmal sollte es anders werden.
Gabor und ich haben noch genügend Zeit bis zum Start unserer
Staffel und so gönnen wir uns noch ein zweites Frühstück. Manch einer sieht
mich verdutzt an da ich mir noch eine Stunde vor dem Start einen Kaffee und
eine Wurstsemmel gönne, doch die Art der Versorgung ist wohl getestet beim Schwimmen.
Wir sehen uns noch am Kanal einiger Schwimmerkurz vor dem Ausstieg an,
natürlich nicht über den einen oder den anderen Schwimmstil zu lästern, und
dann wird es auch für uns Zeit sich in die Wechselzone zu begeben.
An den Rädern angekommen gibt es erst einmal ein großes
"Hallo", denn es sind 38 Mafia-Staffeln am Start. doch irgendwann ist
die Zeit gekommen in der sich jeder nur noch auf sich selbst fokussiert. Have
your gear ready? Ich bekomme kurz einen leichten Anflug von Panik, weil ich wie
üblich beim Schwimmen in der Duschtasche nach meiner Schwimmbrille suche, doch
ein weiterer Griff in den Rucksack hat mir den kurzen Anflug genommen. Den
Schreck hat man mir wohl trotzdem angesehen, denn ich werde gleich darauf hin
angesprochen. "Schwimmbrille vergessen? Nein nur nicht an den üblichen
Platz hingesteckt, sondern gleich alles zusammen mit der Badekappe und dem
Garmin. Mir ist der Trubel gerade alles viel zu viel, ich muss mal für mich
alleine sein doch wie stelle ich das in Mitten von dem ganzen Gewühl an? Der
Vorwettkampfmodus ist gestartet. Ich leg mich mitten zwischen den Rädern,
besser neben Gabors Rad in die Wiese, ziehe mir meinen Hut über die Nase und
gebe zwischen meinen beiden Ohren Vollgas zumindest was die Lautstärker der
Musik angeht. So abgeschottet von dem Trubel gelingt es mir mich zu sammeln und
"mein" Rennen nochmals durch den Kopf gehen zu lassen wobei mir noch
immer die Challenge Heilbronn in meinem Kopf steckt. Was ist, wenn, was mache
ich wenn, was was was, alles kreist sich um den Schwimmstart im Neckar und der
Krämpfe die ich hatte. Vor vier Wochen war ich alleine unterwegs und niemand
war von mir abhängig ins Ziel zu kommen, heute schon. Irgendwann komme ich
wieder aus meinem Tunnel raus, ich habe ein Date mit einem schwarzen Männlein.
Noch eine knappe halbe Stunde bis zum Start und Gabor fragte mich
wann er mit mir zu rechnen hat und ich meinte zu ihm das er mit mir spätestens
um 9:30 Uhr zu rechnen hat. Vor lauter rumgehopse und gegenseitigem "Viel
Glück" knuddeln wird die Zeit dann doch noch fast knapp. Ich darf mich
beeilen in meinen Startblock zu kommen und muss mit noch durch die
nachfolgenden Teilnehmer mit "Entschuldigung, darf ich mal, ich muss da
mal durch", dem zeigen der Badekappe mit der Startzeit um 8:55 Uhr"
drängeln und schaffe es gerade noch rechtzeitig da zu sein. Der Block wird
aufgemacht alle gehen ins Wasser, die Strecke bis zur Startleine nutze ich zum
kurzen einschwimmen. Die Badekappe sitz, die Schwimmbrille passt auf den Augen
der Garmin hat GPS. Mit Böllerschüssen werde ich mit gut 200 oder mehr
Teilnehmern auf die Strecke geschickt und die Schwimmleine geht nach
oben.
Ich habe mich direkt an der Absperrleine in der Mitte vom Kanal
positioniert und mir vorgenommen mich dieses Jahr auch direkt daran zu
orientieren. Das gelingt mir auch sehr gut doch noch immer sitzt der
"Krampfteufel" in meinem Kopf. Nach gut 1500 Metern ist der erste
Wendepunkt und nach der ersten halben Stunde im Wasser bin ich mir sicher das
meine Beine heute mit mir sind. Das Gespenst in meinen Gedanken ist weg und ab
jetzt gilt für mich nur noch Kopf nach unten und das ins Wasser bringen was ich
im Becken trainiert habe. Meinen elektrischen Helfer am Arm habe ich stumm
geschaltet, ich bekomme keine Zeitintervalle oder Kilometerabschnitte durch
brummen am Handgelenk mit, ich schwimme einfach nur und bekomme nur kurz am
Rand die Kilometermarkierungen mit. Bei gut 3500 Meter und der nächsten Wende
schießt mir der Gedanke in den Kopf "hoffentlich steht Gabor schon am Rad,
ich bin in 10 Minuten in der Wechselzone, es läuft endlich wie geplant".
Die letzten 500 Meter geht es am Ufer vom Kanal entlang und ich werfe immer
wieder einen Blick beim Luft holen auf die Zuschauer. Es ist immer wieder
beindruckend und überwältigend die begeisternden Massen an der Brücke und am
Schwimmausstieg zu erleben und kaum, dass ich das genießen kann empfangen mich
schon vier Arme und helfen mir mit einem kräftigen Ruck aus dem Wasser. Mit
kleinen Schritten geht es über die Zeitnehmmatte und ich renne so schnell es
mir noch möglich ist in T1 für die Staffeln. Schon beim Check-In habe ich mir
genau gemerkt wie und wohin ich laufen muss. Erster Radständer, zweiter
Radständer, dritter Radständer vor dem Bauzaun rechts rein und ich kann nur noch
laut Gabor brüllen. Er schnappt sich meinen Chip und ist nach 2 Minuten und 6
Sekunden nachdem ich aus dem Wasser gekommen bin auf der Radstrecke. Ich
dagegen liege erstmal im Gras und schnappe nach Luft. Es dauert nicht lange bis
ich mich wieder gefangen habe und ein Blick auf die Uhr bestätigt mein gutes
Gefühl.
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